Pfingstexkursion nach Berlin und Potsdam (2024)

12.06.2024

© Jenny Pfriem

Die diesjährige Studienreise führte uns vom 20.-24. Mai nach Berlin und Potsdam. Jeder der fünf Tage stand unter einem anderen Thema, zu dem wir uns historische und zeitgenössische Baulichkeiten, Gartenräume und Parkanlagen anschauten. Den inhaltlichen Input lieferten Referate der Studierenden, Führungen von Fachexperten sowie die Expertise von Prof. Dr. Marcus Köhler.

Montag, 20. Mai
Der Pfingstmontag stand im Zeichen des Siedlungs- und Villenbaus der Moderne. Den Auftakt bildete ein Einblick in die sechs UNESCO Siedlungen Berlins, die in verschiedenen Stadtteilen und Vororten liegen und in den Jahren 1913-1934 als Antwort auf die Wohnungsknappheit errichtet wurden. Unser Programm führte uns durch die Gagfah- und Gehag-Siedlungen im Südwesten Berlins: Die Siedlung am Fischtalgrund wurde von 17 Architekten gebaut und als serielle Versuchssiedlung innerhalb der "Ausstellung Bauen und Wohnen" 1928 vorgestellt. Der Koordinator des Bauvorhabens war der berühmte Architekt Heinrich Tessenow (1876-1950). Ein Ziel bestand darin, die Größe der Baukörper möglichst klein zu halten, damit die Bewohnenden weniger Kosten zu tragen hatten. Dem gegenüber stehen auf der anderen Seite des Fischtals 29 individuell gestaltete Einzelgebäude, in denen schon damals die wohlhabende Oberschicht wohnte.
Unser Spaziergang führte uns weiter durch die 1926 bis 1931 erbaute Waldsiedlung Zehlendorf, die nach einem alten Lokal auch den Namen "Onkel Toms Hütte" trägt, und zu den Hauptwerken des berühmten Architekten der Berliner Moderne, Bruno Taut (1880-1938), zählt. Auch andere namhafte Architekten wie Walter Gropius (1883-1969) und Heinrich Tessenow gestalteten sie mit. Hier wurde damals attraktiver Wohnraum für 15.000 Menschen geschaffen, wobei die Naturverbundenheit der Gartenstadt-Bewegung die Architektur der Siedlung ebenso prägte wie der gemeinnützige Wohnungsbau als städtebauliche Komponente. Die Waldsiedlung Zehlendorf zählt zu den größten und schönsten Wohnsiedlungen für die Arbeiterklasse der 1920er Jahre in Deutschland. Gegen Ende der 1920er Jahre fand hier der "Zehlendorf Dächerkrieg" statt, als die Form der Dächer zu einem architektonischen Politikum wurde: Ob ein Gebäude spitze oder flache Dächer haben solle, trennte die Armen von den Reichen und die konservativ Denkenden von den moderner Denkenden.
Nach der Mittagspause wollten wir eigentlich das Haus am Waldsee besuchen, jedoch fanden wir dieses verschlossen vor, sodass wir stattdessen den Garten des benachbarten, ebenfalls denkmalgeschützten, in Sanierung befindlichen Gebäudes besuchten. Anschließend fuhren wir mit dem Bus zum Haus der Wannsee-Konferenz, der Villa Malier. Den Abschluss des ersten Tages bildete ein Besuch der Villa und des malerischen Gartens des bedeutenden Impressionisten Max Liebermann.

Dienstag, 21. Mai
Am Dienstag durchwanderten wir bei strahlendem Sonnenschein Berlins Grünanlagen. Dazu gehörten der 30 ha große Park am Gleisdreieck, der zwischen 2011-2013 aus einer unzugänglichen Brachfläche entstand. Der Viktoriapark, der mit dem Kreuzberg die höchste innerstädtische Erhebung Berlins ist, veranschaulichte uns, was passiert, wenn Gartendenkmale nicht ausreichend gepflegt werden. Anschließend führte uns die Architektin Cordula Vielhauer von der Institution GrünBerlin in deren Arbeitsweise und -philosophie ein und entließ uns inspiriert für unsere zukünftige Tätigkeit als Landschaftsarchitekt:innen.

Nach dem Mittagessen in der ufa-Fabrik im Bergmannkiez wanderten wir unter fachkundiger Führung von Detlev Dahlmann über das Tempelhofer Feld. Es sind insbesondere die vielen verschiedenen Nutzungen zu erwähnen, die auf der riesigen Fläche nebeneinander existieren können: Neben einer großen Schutzzone für hier brütende Feldlerchen-Paare gibt es ausgewiesene Grillareas, Hundeauslaufzonen, beweidete Bereiche, ein sensibles Konzept für die Mahd, einen selbstorganisierten Gemeinschaftsgarten und Infopunkte, in denen die Historie dieses geschichtsträchtigen Ortes sichtbar gemacht wird.

Mittwoch, 22. Mai
Der Mittwoch stand unter dem Thema der königlichen Gartenkunst in Potsdam. Wir besuchten das Schloss Sanssouci, das 1745-1747 für Friedrich den Großen im Stil des französischen Rokoko erbaut wurde. Bei einer sehr informativen Führung von Sven Kerschek durch die Freiluftausstellung „Re:Generation – Klimawandel im grünen Welterbe“, welche derzeit im Schlosspark Sanssouci gezeigt wird, hörten wir viel Neues zum Umgang der denkmalgeschützten Parkanlage mit den Folgen des Klimawandels. Wir erfuhren von den Strategien, mit denen das Parkmanagement Antworten auf das bereits verheerende Sterben der Bäume infolge der Hitzeperioden in den Sommermonaten finden möchte.
Anschließend machten wir bei leider etwas regnerischen Verhältnissen eine Fahrradtour entlang der vielen Schloss- und Gartenanlagen der ehemaligen königlichen Residenzstadt Potsdam. Wir radelten entlang des Neuen Palais, der ehemaligen russischen Koloniesiedlung Alexandrowka, des Schlosses Lindstedt, des Orangerieschlosses und der Fasanerie. Den Abschluss des Tages bildete der Neue Garten und das Marmorpalais, das Friedrich Wilhelm II. 1787 anlegen ließ, um sich von den barocken Parkanlagen Sanssoucis zu emanzipieren.

Donnerstag, 23. Mai
Am Donnerstag verbrachten wir einen Tag mit dem deutschen Gärtner, Staudenzüchter und Garten-Philosophen Karl Foerster (1874-1970). Auf ihn gehen viele beliebte Stauden- und Gräsersorten zurück, insbesondere Phlox, Rittersp*rn und Astern. Auf der parkartigen Freundschaftsinsel in Potsdam erhielten wir eine tolle Führung von Thoralf Götsch durch die Staudenflächen, die Karl Förster zusammen mit Hermann Mattern (1902-1971) 1937-1940 als Schau-, Lehr- und Sichtungsgärten anlegte. Danach ging es weiter in den Karl-Foerster-Garten nach Potsdam-Bornim, wo wir von Felix Merk, dem Denkmalbeauftragten der Stadt Potsdam, zu einem leckeren Lunch empfangen wurden. Anschließend besichtigten und bestaunten wir den Garten und das Wohnhaus von Karl Foerster, und bekamen viele interessante, aber auch anekdotische Einblicke in sein Wirken und was es bedeutet, sein Vermächtnis heute lebendig zu halten. Der Tag endete mit einem Besuch der Karl-Foerster-Ausstellung im Zentrum Potsdams und einem anschließenden Vortrag über die japanische Dekorationskunst des Ikebana.

Freitag, 24. Mai
Der letzte Tag führte uns in die ehemalige königliche Gärtnerlehranstalt und die Gartenakademie in Dahlem, die heute eine Gärtnerei ist. Zum Lunch wartete ein großzügiger Mittagstisch in einem nahe gelegenen Biergarten auf uns.
Den Abschluss der Exkursion verbrachten wir im Botanischen Garten Berlin. Hier erhielten wir eine vorzügliche Führung von Henrike Wilke, Gewächshausmeisterin seit über 30 Jahren, durch die gigantischen Gewächshäuser und das dominante Tropenhaus in Glas-Stahl-Bauweise, das trotz seines ca. 100-jährigen Bestehens heute immer noch eines der größten Gebäude dieser Art auf der Welt ist. Es werden hier ca. 10.000 verschiedene Sorten in den 15 Gewächshäusern kultiviert.
Weitere ca. 10.000 Sorten wachsen auf den weitläufigen Freiflächen, die uns von Bettina Bergande und Klaus Lingenauber näher gebracht wurden. Wir wandelten durch Europa, Japan und das Himalaya, und bekamen Einblicke in den riesigen Unterhaltungsaufwand, der notwendig ist, um eine Anlage diesen Umfangs zu unterhalten.

Exkursionsbericht:
Clara Friederike Weisheit, Masterstudierende der Landschaftsarchitektur

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Jenny Pfriem

Letzte Änderung: 12.06.2024

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