Robert Habeck in China: "Es geht und ging nie darum, sich von China abzukoppeln" (2024)

Wirtschaftsminister Habeck reist nach China und wird dort über Strafzölle sprechen. Man werde auf fairen Wettbewerb pochen, sagt Staatssekretärin Franziska Brantner.

Interview: Anna Sauerbrey

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Franziska Brantner von Bündnis 90/Die Grünen ist Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz.

ZEIT ONLINE: Am Mittwoch bricht Wirtschaftsminister Robert Habeck zu einer mehrtägigen China-Reise auf. Olaf Scholz war erst im April zu einem Staatsbesuch in Peking. Was wird Robert Habeck anders machen als der Bundeskanzler?

Franziska Brantner: Wir haben in der Bundesregierung eine gemeinsame China-Politik, haben uns vor der Reise abgestimmt und treffen die Entscheidungen gemeinsam. Es wäre nicht gut, wenn der eine mit der einen Botschaft, der andere mit der anderen fahren würde. Das gilt auch auf der europäischen Ebene. Wir Europäer müssen gegenüber China geschlossen auftreten, deshalb haben wir uns im Vorfeld auch mit der Europäischen Kommission ausgetauscht. Stimmenvielfalt hilft nicht, unsere Interessen durchzusetzen.

ZEIT ONLINE: Aber warum ist Habeck nicht einfach mit Scholz zusammen gefahren? Das war ja ein großer Staatsbesuch, drei andere Minister waren dabei, auch grüne Minister.

Brantner: Wir waren bei der Kanzlerreise als Ministerium vertreten, ich selbst bin mitgereist und habe die Wirtschaftsdelegation geleitet. Es ist gut, dass der Minister jetzt mit einem eigenen Programm fährt, auch mit einer Wirtschaftsdelegation, und wir dadurch kontinuierlich mit China sprechen.

ZEIT ONLINE: Oder will Robert Habeck zeigen, dass er auch Kanzler kann?

Brantner: Das ist sicher nicht der Sinn der Reise.

ZEIT ONLINE: Und was ist die mit allen anderen in der Regierung abgestimmte zentrale Botschaft, mit der Habeck fährt?

Brantner: Wir haben uns als deutsche Regierung – im Einklang mit der EU – auf einen Dreiklang mit Blick auf China verständigt. Wir wollen mit China in den Gebieten zusammenarbeiten, in denen wir nicht nur gemeinsame Interessen haben, sondern Kooperation auch notwendig ist. Wir können unser Klima nicht schützen ohne China. Gleichzeitig ist China auch unser Wettbewerber und wir drängen hier auf einen fairen Wettbewerb für Unternehmen in Deutschland und Europa. Und schließlich ist China zunehmend auch ein Systemrivale, wir haben klar und bestimmt unsere Interessen als Marktwirtschaft und Demokratie zu vertreten.

ZEIT ONLINE: Und was will Habeck konkret mit nach Hause bringen?

Brantner: Wir müssen die Reise jetzt erst einmal abwarten. Es wird um die Zusammenarbeit beim Klimaschutz gehen. Und der Minister wird Anliegen im Bereich der Wirtschaft und des Handels ansprechen und die deutsche und europäische Position deutlich machen, zum Beispiel einen gleichen Marktzugang für unsere Unternehmen in China zu bekommen, wie umgekehrt chinesische bei uns schon haben.

Die chinesische Seite plant sehr strategisch, in Fünfjahresplänen, dem müssen wir auf Augenhöhe begegnen.

ZEIT ONLINE: Wird Robert Habeck auch Menschenrechtsfragen ansprechen? Bei Scholz hat das Thema kaum eine Rolle gespielt.

Brantner: Das sprechen alle Ministerinnen und Minister an, wenn sie in China sind, unabhängig von der Partei. Und das halte ich auch für richtig und wichtig.

ZEIT ONLINE: Die Grünen galten lange als China-Falken, besonders im Vergleich zur Merkel-CDU und zur Scholz-SPD. Sowohl in Brüssel als auch in Deutschland haben sich grüne Politikerinnen, auch sie selbst, für De-Risking eingesetzt, für die Reduzierung von wirtschaftlichen Abhängigkeiten. Was ist in der Ampelkoalition davon geblieben? Man hat nicht den Eindruck, dass die China-Politik sich grundsätzlich geändert hat…

Brantner: Richtig ist: Wir haben auch in der Opposition immer schon einen strategischen Umgang mit China eingefordert, der nicht transaktional im Heute verankert ist, sondern mittel- und langfristig angelegt. Das ist auch weiterhin unser Ansatz. Die chinesische Seite plant sehr strategisch, in Fünfjahresplänen, dem müssen wir auf Augenhöhe begegnen und mittel- bis langfristig handeln. Es geht und ging nie darum, sich von China abzukoppeln, sondern fairen Wettbewerb einzufordern und Risiken mit Blick auf kritische Infrastruktur und Abhängigkeiten bei Zukunftstechnologien zu verringern, deshalb reist der Minister auch nach Südkorea – übrigens unser zweitwichtigster Exportmarkt in Asien.

ZEIT ONLINE: Nehmen wir die Strafzölle, die die EU-Kommission auf chinesische E-Auto-Importe erheben will. Die Kommission wirft China unfaire Handelspraktiken vor und geht sehr entschlossen vor. Die deutsche Regierung hat darauf skeptisch reagiert. Robert Habeck etwa sagte, Zölle seien häufig der schlechteste Weg. Warum ist es jetzt aus Ihrer Sicht schlecht, wenn sich Europa gegen unfaire Handelspraktiken bei einer grünen Zukunftstechnologie wehrt?

Brantner: Zunächst will die EU keine Straf-, sondern Ausgleichszölle verhängen, also Zölle, die nach einer intensiven Prüfung nach den Regeln der Welthandelsorganisation eingeführt werden und mit denen die negativen Auswirkungen von Subventionen ausgeglichen werden sollen. Und natürlich haben wir ein Interesse daran, dass alle sich an diese Regeln der WTO halten.

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